Märchenhaftes

Bekannte Märchen in Reimform gebracht

Die Schönheitskönigin

(Grimm's next Topmodel)

 

Königstochter, das Schneewittchen,
ist ein superhübsches Schnittchen,
doch die Mutter stirbt (welch GAU!)
und des Königs zweite Frau,

 

von der Sohle bis zum Scheitel
wunderhübsch, doch allzu eitel,
fragt den Spiegel an der Wand,
wer die Schönste sei im Land.

 

Der erwidert ihr: »Das Gör
ist die Schönste hier – ich schwör!«
Königin nimmt's nicht gelassen –
will Schneewittchen töten lassen.

 

Doch das flüchtet hinter Berge,
in das Land der sieben Zwerge,
ruht sich aus in deren Hüttchen.
Zerg kommt heim, ruft: »Donnerlüttchen!«

 

Fragt sich, wer vom Teller aß?
Wer auf seinem Stühlchen saß?
Schließlich findet er das brave
schöne Mädchen tief im Schlafe.

 

Als die Königin es wagt
und den Spiegel neu befragt,
ist die Antwort (unter Eid)
noch die gleiche. Voller Neid

 

reist sie selber, gut verkleidet,
hin, damit das Gör verscheidet.
Schenkt ihr erst ein enges Mieder,
als das fehlschlägt, kommt sie wieder.

 

Diesmal steht ein schöner Kamm
voller Gift auf dem Programm.
Wieder nichts, doch zum Finale
holt sie dann beim dritten Male

 

aus dem feinen Ledertäschchen
einen Apfel und das Fläschchen
mit der Totenkopfbeschriftung –
so gelingt ihr die Vergiftung.

 

Das Schneewittchen fällt tot um,
Zwerge sind vor Trauer stumm,
als sie daliegt, so im Gras,
betten es in Sarg aus Glas.

 

Wie bei Märchen nun mal üblich,
ist die Lage erst betrüblich,
doch dann naht bereits ein netter
hübscher Königssohn als Retter.

 

Flehend bittet er die Zwerge,
ihm den schönsten aller Särge
mitzugeben auf sein Schloss
und so ziehn sie los im Tross.

 

Doch der Weg ist stark verwurzelt,
einer stolpert und dann purzelt
dem Schneewittchen (aus dem Grund)
das Stück Apfel aus dem Mund.

 

Das erwacht, erblickt den Prinzen,
einfach süß und schnucklig find' se'n,
und so kommt's, wie's kommen muss:
Hochzeitsfeier, Kuss und Schluss.

 

Hinweis:

Dieses Gedicht hat die Kabarretistin

Rena Schwarz in ihr Bühnenprogramm

Prinzessin ist auch kein Traumjob eingebaut.

Katerfrühstück

 

Alter Müller liegt im Sterben,
hat nur wenig zu vererben.
Eine Mühle und zwei Rinder
reichen nicht für alle Kinder.

Jüngster Sohn bekommt vom Vater
bloß den unscheinbaren Kater,
worauf er sich niederkauert
und sein schweres Los bedauert.

Sagt zu sich: »Ich armer Wicht!«
als der Kater plötzlich spricht
und ihn bittet: »Kauf mir Boots!«
Sohn ist skeptisch, doch er tut's.

Dankbar fängt der filigrane
Kater einen Sack Fasane.
Schenkt dem König seinen Fang.
Der verspürt darauf den Drang,

sich mit glitzernden und blanken
goldnen Talern zu bedanken.
Reich durch diese Art Belohnung
fehlt jetzt nur noch eine Wohnung.

Da kommt es recht gut gelegen,
dass abseits von allen Wegen
auf dem Berg ein Schlösschen thront,
das ein Zauberer bewohnt.

Dieser ist nicht sehr gesellig,
dafür aber selbstgefällig
und gibt immer grauenhaft
an mit seiner Zauberkraft.

Der gewitzte und adrette
Kater denkt sich: Jede Wette,
dass ich diese Schweinebacke
bei der Künstlerehre packe.

»Ihr seid mir ein sauberer
selbst ernannter Zauberer,
der sich nicht mal dann und wann
in 'ne Maus verwandeln kann.«

Unter schwerem Wutausbruch
brüllt der Magier einen Spruch,
trinkt ein grünes Elexier
und wird so zum Nagetier.

Damit war er für den kessen
Kater ein gefundnes Fressen.
Noch bevor verdutzt sie stutzt,
ist die Zaubermaus verputzt.

Durch des Katers Geistesblitz
ist sein Herr nun im Besitz
eines Schlosses und viel Geld,
was dem König gut gefällt.

Aus der schönen Königstochter
und dem Müller, denn das mocht er,
wird am Ende – wie im Märchen –
noch ein frisch vermähltes Pärchen.

Die Moral von dem Gedicht:
Hadre mit dem Schicksal nicht,
trage sorglos deine Last,
selbst wenn du 'nen Kater hast.

Ausgelöffelt

 

Ein Hase trifft auf einen Igel
und lästert: »Schau mal in den Spiegel!
So kurze, krumme Beine reichen
doch höchstens, um herumzuschleichen!«

 

»Du isst wohl zu viel Karotine?«
verzieht der Igel keine Miene
»Es steht doch völlig außer Frage
dass ich Dich bei 'nem Rennen schlage.«

 

So wetten sie um Gold und Ehre,
wer von den beiden schneller wäre
auf einer Strecke querfeldein
vom Apfelbaum zum Eichenhain.

 

Der Igel weiß, um zu gewinnen
muss er sich auf 'ne List besinnen
und schickt schnell seine Igelfrau,
die auf den Stachel ganz genau

 

so aussieht wie sein Ebenbild,
zur Eiche, die als Zielpunkt gilt.
Noch dämmert Meister Lampe nichts
am Start, trotz hellen Tageslichts.

 

Bei 1, 2, 3 sieht man den Hasen
ganz hektisch übern Acker rasen.
Er ist den Eichen schon ganz nah,
da hört er plötzlich: »Bin schon da!«

 

Der Hase kann es gar nicht fassen.
Die Igelin steht ganz gelassen
im Ziel – und bietet gar Revanche
dem Exemplar der Löffelbranche.

 

Doch auch zurück zum Apfelbaum
verliert der Hase Lauf und Traum
vom Sieg, vom Gold und von der Ehre
als schnellster in der Hemisphäre.

 

So geht es eine Zeitlang weiter
und ständig wird der Hase Zweiter,
denn hetzt er sich auch noch so viel,
stets ist der Igel schon im Ziel.

 

Kurz nach dem 105. Lauf
gibt er erschöpft das Rennen auf
und endet unter einer Eiche
als ausgepumpte Hasenleiche.

 

Jetzt die Moral von dem Gedicht:
Zuviel an Hektik bringt es nicht.
Stattdessen wähle lieber schlau
gut zu dir passend deine Frau.

Die Penntüte

 

König gibt vor Vaterfreude
großes Fest im Schlossgebäude.
Leider reichen Platz und Stullen
nicht für alle alten Schrullen.

 

Eine wird nicht eingeladen,
die geht auf die Barrikaden.
Böse Hexe will sich rächen:
Kind soll sich an Spindel stechen,

 

blutrot sich sein Finger färben
und dann soll das Mädchen sterben.
Liebe Hexe wandelt brav
Fluch in hundert Jahre Schlaf.

 

König kann vor Schiss nicht pennen,
lässt die Spindeln gleich verbrennen.
Eine hat man übersehen,
die blieb hoch im Turme stehen.

 

Kind, inzwischen junge Frau,
spielt im Turm – nicht grade schlau –
doch es muss ja jenem Fluch
folgen mittels Spinnversuch.

 

Sticht sich an der spitzen Spindel,
worauf König, Hof, Gesindel,
selbst die Esel von dem Karren,
jäh in ihrem Tun erstarren.

 

Ganz genau nach hundert Jahren
kommt ein Prinz vorbeigefahren.
Fragt sich, was sich wohl verstecke
hinter dichter Dornenhecke.

 

Schlägt sich, etwas overdressed,
bis zum Schloss hin durchs Geäst.
Steigt die Treppe, die sich windet,
hoch, wo er die Jungfrau findet.

 

Ihre Schönheit macht ihn schwach
und er küsst die Gute wach,
die infolgedessen blinzelt
und beim Anblick glücklich prinzelt.

 

Die Moral von dem Gedicht:
Langes Schlafen schadet nicht,
selbst wer hundert Jahre pennt,
kriegt vielleicht ein Happy End!